Auf den Spuren des Welterbes
Tempel von Abu Simbel

 

Auch wenn sie etwas abseits der touristischen Hauptrouten Ägyptens liegen, so gehören die Tempelanlagen von Abu Simbel mit zu den wichtigsten Fremdenverkehrszielen in dem nordafrikanischen Land. Erbaut im 13. Jahrhundert vor Christus, wurde die Anlage vor 60 Jahren spektakulär versetzt.

Die Tempel von Abu Simbel liegen wenige Kilometer von der sudanesischen Grenze entfernt ganz im Süden Ägyptens. Die nächste Stadt, Wadi Halfa, gehört schon zum Nachbarstaat. In der Nähe des zweiten Kataraktes, einer natürlichen Schwelle im Flussbett des Nils, ließ der Pharao Ramses II. eine Tempelanlage errichten. Der Pharao gilt heute als einer der bekanntesten Pharaonen des alten Ägypten. Immerhin rangiert er mit einer Regierungszeit von 66 Jahren ziemlich weit oben in der Liste der am längsten amtierenden Staatsoberhäupter der Welt. Außerdem war die Geschichte der Wiederentdeckung seines Grabes im späten 19. Jahrhundert recht spektakulär – und der Transport der Mumie wurde zu einem späten Trauerzug.

In den großen Reigen der Bautätigkeit von Ramses II. gehören neben einer kompletten neuen Hauptstadt im Nildelta und einer Palastanlage in Theben auch die Tempelanlage von Abu Simbel. Die Lage des Tempels am zweiten Katarakt ist nicht zufällig gewählt. Diese Stromschnellen waren für Schiffe schlecht zu passieren und hier befanden sich meistens Grenzen der einzelnen Königreiche. So auch an diesem speziellen Katarakt, an dem das Reich Ramses II. seine südliche Grenze hatte – wie heutzutage auch das moderne Ägypten.

Die UNESCO würdigt die Tempelanlage von Abu Simbel als „einzigartiges Zeugnis menschlichen kreativen Schaffens.“

Der Tempel, den Ramses hier errichten ließ, hatte also nicht nur religiöse Bedeutung, sondern stellte auch eine politische Ansage an das benachbarte Nubien dar: Damit wurde die Macht und Überlegenheit des Pharaonenreiches demonstriert. Zu diesem Zweck wurden vier monolithische Skulpturen aus dem Felsgestein herausgemeißelt, die rechts und links den Eingang flankieren. Dadurch entstand die sehr typische Form, die auch noch heute Gäste aus nah und fern anzieht. Eine zusätzliche Besonderheit besitzt der Große Tempel in Abu Simbel: Zweimal im Jahr beleuchtet die Sonne die Statuen, die im Allerheiligsten des Tempels an dessen Rückwand stehen. Allerdings geschieht das nicht zur Tagundnachtgleiche sondern im Oktober und im Februar.

Über die Jahrhunderte gerieten die Tempel in Vergessenheit. Erst im frühen 19. Jahrhundert entdeckte ein Schweizer Forscher die Anlage wieder – sie war weitestgehend durch eine Sanddüne verdeckt. Es dauerte fast ein Jahrhundert, bis die komplette Fassade des Großen Tempels vom Sand befreit und gegen Einsturz gesichert war.

Eine weitere Bedrohung kam für das Bauwerk in der Mitte des 20. Jahrhunderts allerdings nicht von der Wüste sondern vom Nil. Der sollte auf Höhe des ersten Katarakts aufgestaut werden. Der Assuan-Hochdamm lässt den Nil hier zum Nasser-See werden, der bis in den Sudan hineinreicht. Das Wasser überflutet die historischen Standorte der Tempelanlagen von Philae, Kalabscha und eben Abu Simbel. In der Planungsphase des Staudamms wurde deshalb zunächst das komplette Gebiet zwischen Assuan und dem Sudan dokumentiert. Später kam es zu mit einem weltweiten Gemeinschaftsprojekt zu einer spektakulären Rettungsaktion für die komplette Tempelanlage: Nach schwedischen Plänen wurde das Felsmassiv zunächst durch zahllose Löcher mit Kunstharz verstärkt. Anschließend wurde es mit einer Seilsäge in 1036 Blöcke zersägt, die zwischen sieben und 30 Tonnen wogen. Diese Blöcke wurden dann etwa 180 Meter nordwestlich und rund 64 Meter über dem bisherigen Standort wieder zur Tempelanlage zusammengefügt. Das Innere der Tempel hängt dabei an großen Stahlbetonkuppeln, die äußerlich mit Geröll des ursprünglichen Felsen verkleidet wurde. Dabei wurde besonders auf die exakte Ausrichtung des Tempels geachtet, um unter anderem das „Sonnenwunder“ weiterhin zu ermöglichen. Für die gesamte Rettungsaktion wurden fünf Jahre benötigt.

Die UNESCO setzte die Ramses-Tempelanlage 1979 auf die Liste des Weltkulturerbes. Die Organisation war bereits an der Dokumentation und der Rettung des Tempels vor dem Stausee beteiligt. Sie würdigt damit den Komplex von Abu Simbel zum einen als Zeugnis menschlichen kreativen Schaffens. Außerdem sei die Tempelanlage ein einzigartiges Denkmal der kulturellen Tradition einer verschwundenen Zivilisation. Als drittes Merkmal, das dem Tempel den Platz auf der Liste sicherte, nennt die UNESCO er sei „ein außergewöhnliches Beispiel eines architektonischen Ensembles, das eine bedeutende Phase der menschlichen Geschichte repräsentiert.“

 

Infobox:
Tempel von Abu Simbel

Bauzeit: 13. Jh. v. Chr.
Kategorie: Tempelanlage
Stadt: nahe Wadi Halfa
Land: Ägypten
Bauherr: Ramses II.
Welterbe seit: 1979

 

 

Photo Credit: stock.adobe.com: Michael, patricia, Noradoa, demerzel21

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