Auf den Spuren des Welterbes
Wartburg

Sie thront über der Bach-Stadt Eisenach, ist von vielen Gipfeln des Thüringer Waldes und des nahen Hessischen Berglandes zu sehen und gilt vielen als „mittelalterliche Bilderbuchburg“. Dabei stammen große Teile der Wartburg erst aus dem 19. Jahrhundert. Bekannt ist sie als Zufluchtsort von Martin Luther.

Die Wartburg taucht an mehreren Punkten der deutschen Geschichte auf. Vielen gilt diese Burg im äußersten Westen des Thüringer Waldes als eine der Burgen, die am engsten mit der deutschen Geschichte verbunden sind. Die legendäre Gründung durch Ludwig den Springer gehört in die Zeit der Ostkolonisation – deutsche Siedler wanderten in die slawischen Gebiete östlich von Saale und Elbe. Für die Ludowinger war die Wartburg ein strategisch wichtiger Ort.
Die Burg war im 12. Jahrhundert Austragungsort des eher legendären als tatsächlichen „Sängerkrieges“, in dem sich sämtliche hochmittelalterliche Dichter gemessen haben sollen. Vor allem in der Form von Richard Wagners „Tannhäuser“ ist dieser Dichterwettstreit heute noch bekannt. Kurz nach dem Dichterwettstreit tritt die ungarische Elisabeth auf den Plan, die als Frau des Landgrafs in der Gegend mit mildtätigen Aktionen bekannt wurde und den Status einer Volksheiligen bekam. Die heilige Elisabeth – Patronin von Hessen und Thüringen und gleichzeitig deutsche Nationalheilige – ist noch heute Vorbild für viele soziale Einrichtungen in Deutschland.
Der Grund für die meisten Besuche der Wartburg dürfte allerdings das Exil des Reformators Martin Luther sein, der kurz nach Verurteilung durch den Reichstag 1521 hier Zuflucht fand und anfing, die deutsche Übersetzung der Bibel herzustellen, die – neben ihrer theologischen Bedeutung – noch heute als wichtiges Dokument in der Entstehung einer einheitlichen deutschen Sprache gilt. Die „Lutherstube“ ist heute ein wichtiger Teil jeder Wartburg-Führung – unter anderem auch die Stelle, an der der Reformator ein Tintenfass an die Wand geworfen haben soll, weil er dort den Teufel vermutete.
In der deutschen Nationalbewegung und der Romantik bekam die Wartburg als Sehnsuchtsort eine neue Bedeutung. Die „Wartburgfeste“ deutscher Studenten wurden zu einem wichtigen Teil der bürgerlichen Bewegung. Zu dieser Zeit wurde begonnen, die stark ruinöse Burg wiederaufzubauen. Diese stark idealisierte Form mit romantischem Innenausbau – Vorbild übrigens auch für Neuschwanstein – kann man heute besichtigen.
Schließlich war die Wartburg als Landmarke, die von beiden Seiten der innerdeutschen Grenze sichtbar war, auch in der neuesten deutschen Geschichte ein wichtiger Punkt. Der „Wartburg“, ein Auto, das in der traditonellen Fahrzeugfertigung unterhalb der Festung jahrzehntelang gebaut wurde, galt als der Mittelklassewagen der DDR.
Als die UNESCO die Wartburg 1999 in den Kanon der Welterbestätten aufnahm, würdigte sie damit den Charakter der Burg als herausragendes Monument der feudalen Epoche in Europa. Außerdem war für die Entscheidung des Welterbekommitees entscheidend, dass die Wartburg mit vielen kulturellen Ereignissen verbunden ist. Besonders wird das Exil Luthers betont, der hier seine deutsche Übersetzung des Neuen Testaments schuf. Gleichzeitig gilt die Wartburg als Symbol der deutschen Einheit. Auch dass ein Großteil der Burg ein Werk des 19. Jahrhunderts ist, zählt die UNESCO nicht zu den Nachteilen: Sie zählt die Überreste der hochmittelalterlichen Burg als authentische Zeugnisse ihrer Zeit auf. Gleichzeitig betont sie, dass die romantische Rekonstruktion ihrerseits ein Zeitzeugnis des politischen Ringens um die deutsche Einheit ist, das die historischen Ereignisse, wie den Sängerkrieg, das Leben der heiligen Elisabeth und die Bibelübersetzung in einen Bezug zur damaligen Zeit stellte.

Infobox:
Wartburg

Bauzeit: 11. / 19. Jhdt.
Kategorie: Burg
Stadt: Eisenach
Land: Deutschland
Bauherr: Ludwig d. Springer
Welterbe seit: 1999

Photo credits: stock.adobe.com – olimeg, Wartburg-Stiftung

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