Reifegrad_Maer/Apr

Gesundheit &Medizin 030 REIFE GRAD Fotos: 1 Thomas Berg | stock.adobe.com: 2 Sven Vietense, 3 DIETLIND WOLF ...Schlaflosigkeit hat sich im letzten Jahrzehnt weltweit in die Gesellschaft aller hochtechnisierten Länder anfangs unbe- merkt geschlichen. Laut DAK-Gesundheitsreport 2017 schla- fen in Deutschland derzeit rund 80 Prozent der Erwerbstätigen nicht gut bis richtiggehend schlecht. Schla os, nicht nur in Seattle... Marcus Niendorf Apotheker in 4. Generation, In- haber der Löwen-Apotheke in Lübeck, sucht seit Jahrzehnten nach einfachen, natürlichen Lö- sungen für alltägliche Probleme. 1 Wir brauchen mehr feste Rhythmen und Rituale in unserem Leben, die allabendliche Vorbereitung auf die Nachtruhe gehört auch dazu. Eine frühe Abendmahlzeit, möglichst ohne Eiweiß, da es nur langsam ver- daut wird und die Leber belastet. Besonders innerhalb des Alltags sollte Alkohol komplett gemieden werden, weil er das Schlafprofil nega- tiv beeinflusst. Setzen Sie sich einen Zeitpunkt, an dem sie offline gehen, auch gedank- lich. Lesen Sie im freundlichen Licht einer Nachttischlampe. Jetzt ist es Zeit für das gute alte Buch! Am liebs- ten lese ich am Abend Kurzgeschich- ten, da die Länge auf überschaubare Seiten begrenzt ist. Sollten Sie nachts wach werden, mei- den Sie die nächtliche Handy-Kon- trolle „Was hat Donald Trump wieder für einen Unsinn verzapft“? Sie kön- nen doch alles am nächsten Tag nach- lesen! Ich garantiere Ihnen, dass Sie so wieder schneller in den Schlaf zurückfinden werden. Der erwähnte DAK-Report sagt auch, dass die besonders schweren Formen von Schlaflosigkeit, sogenannte Insomnien, seit 2010 um 60 Prozent zugenommen hat. Ich beschäftige mich selbst seit 15 Jahren mit dem Thema Schlaflosigkeit und kann diese akute Zunahme auch aus der eigenen Beratungspraxis in meiner Apotheke bestätigen. Das sind erschreckende Zahlen, die das Thema „Schlaflosigkeit“ in die Nähe einer Volkskrankheit rücken. Was hat sich in dieser kurzen Zeit so verändert, dass das Schlafvermögen aller Schichten und Altersklassen so dramatisch abnimmt? Beruflicher Stress, zu wenig Bewe- gung, Arbeitsüberlastung, Schichtar- beit, Elektrosmog und Lichtver- schmutzung sind ja schon seit langem Faktoren, die an unserem Bio-Ryth- mus rütteln. Ich habe eine Vermu- tung und sehe einen zeitlichen Zusammenhang: Im Jahr 2010 kam das erste iPad heraus und seit dieser Zeit ist auch die Anzahl der Nutzer von Smartphones, Tablets und der- gleichen in die Höhe geschnellt und damit auch die Anzahl der Menschen, die 24 Stunden online sind! Bis die Augen zufallen wird noch eine superspannende Netflix-Staffel zu Ende geschaut, danach eine „Hutzi- butzi-HDL“/ „Ja ich Dich auch“-Whatsapp-Nachricht an den Herzensmenschen abgeschickt, mit dem vor einer halben Stunde noch telefoniert wurde. Vorsichtshalber das Instagram-, Facebook-, „Was- weiß-ich“-Konto noch mal gecheckt – BLOSS NICHTS VERPASSEN!!! – und dann macht’s noch mal „Bing“, weil irgendeine unglaublich wichtige unwichtige Nachricht aus dem „News“-Ticker aufblinkt. Bereits die Lux-Zahl des hellen Bildschirms sti- muliert die Zirbeldrüse, und in den zuständigen Arealen des Hirnes zupft Cat Stevens’ „Morning has broken“ an den Neuronen. Ist es ein Wunder, dass wir dann nicht mehr schlafen können, obwohl wir eben noch todmüde waren?! 2

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