Mit dem Schäfer
auf der Weide

André Schwendel, Schäfer

Er ist für die Schafe des Landschaftspflegevereins Dummersdorfer Ufer zuständig: André Schwendel, 51, sorgt für die Herden, die in der Grönauer Heide, auf dem Priwall und am Stülper Huk weiden. Er sorgt damit nicht nur für die Herde, sondern auch für die Pflege der Landschaft. Denn nur, wo Herden regelmäßig weiden, wächst kein Buschwerk nach und die Kulturlandschaft bleibt, wie sie sein soll. Die Zukunftsaussichten seines Berufs sieht Schwendel nicht gerade rosig, aber er liebt die Ruhe in der Schäferei.

„Heeep! Heeep! Heeep!“ Der Ruf tönt über die weiten Grasflächen südlich des Lübecker Flughafens. Plötzlich kommt Bewegung in die grau-weiße Masse an Schafen und sie machen sich auf den Weg. Mit sparsamen, wohldosierten, Bewegungen dirigiert André Schwendel seine beiden Hunde und die sorgen dafür, dass die Schafherde in die richtige Richtung läuft. Die Grönauer Heide, direkt neben dem Lübecker Flughafen gelegen, ist in diesen Tagen die Heimat der Gotlandschafe des Landschaftspflegevereins Dummersdorfer Ufer. Obwohl – das ist nicht ganz richtig: Einige der Schafe sind hier nur in Pension, die gehören eigentlich nach Rostock. Schwendel ist seit Anfang dieses Jahres beim Landschaftspflegeverein als Schäfer angestellt. Davor ist er viel herumgekommen. „Ich hab schon überall in Deutschland gehütet, war jetzt zwei Jahre in Österreich.“ Neben dem Broterwerb sind die unterschiedlichen Gegenden und verschiedenen Herden vor allem gut, um Erfahrungen zu sammeln. Und das tut er schon seit über dreißig Jahre: „1984 war ich mit der Lehre fertig, dann wollte ich was erleben, bin überall mal rum gekommen.“ In diesen Jahren hat er in seinem Beruf viele Veränderungen gesehen. „Viele kleine Betriebe kratzen am Existenzminimum, vom Lammfleisch und der Wolle kann keiner leben“, erzählt er. Ein bisschen Eigenvermarktung hier, etwas regionale Fleischer da – viel bleibt da nicht übrig. „Der Schäferberuf steht kurz vor dem Aussterben“, zeigt er sich realistisch und zählt einiges auf, was ihm das Leben schwer macht: Die Bürokratie, gestrichene Fördergelder und der Wolf. Ungefähr in dieser Reihenfolge. Dabei gibt es noch junge Menschen, die sich für den Beruf begeistern: „Vor allem junge Mädchen fangen eine Ausbildung an“. Schwendel sieht die Gefahren, wenn es keine Schäfer und damit keine Schafherden gibt: „Die Artenvielfalt ist gefährdet, wenn die Flächen nicht beweidet werden. Dann fängt die Natur an, das zu verbuschen.“ Und damit fehlt Schmetterlingen, Libellen, seltenen Pflanzen, Eidechsen und Fröschen der Lebensraum. Und trotzdem oder gerade deswegen liebt er seinen Beruf. „Ich würde nie etwas anderes machen wollen.“

“Beim Hüten hab ich Ruhe, da kann ich herunterfahren. Ich sehe, welche Tiere frisch sind und welche nicht, ich sehe Krankheiten früher. Ich würde nie etwas anderes machen wollen.”

André Schwendel

Es ist nicht so, als ob er es nicht probiert hätte, aber ihm fehlte etwas. Wenn er bei seinen Schafen ist, beobachtet er sie. „Wenn man hört, wie die Schnucke in die Heide beißt, das gibt ein ganz feines Geräusch.“ Aber es gibt auch praktische Gründe dafür, dicht bei der Herde zu sein.„Ein guter Schäfer sieht schnell, ob ein Tier gesund ist oder krank.“ Damit kann er früher eingreifen und benötigt weniger Medikamente. Und dann sind die Momente, weitab von Bürokratie und Fördergeldern. „Beim Hüten hab ich Ruhe, da kann ich herunterfahren.“

 

 

Photo Credit: PPE

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