Für den Fall
der Fälle

Vorsorgevollmacht | Patientenverfügung
Betreuungsverfügung | rechtliche Betreuung

Es ist ein Thema, mit dem man sich nicht gern beschäftigt und die Vorstellung ist unangenehm: Was tun, wenn man plötzlich oder schleichend nicht mehr selbst entscheiden kann oder verschiedene Dinge nicht mehr selbst regeln kann? Hier sollte man rechtzeitig vorsorgen. Und das ist eigentlich ganz einfach.

Man sollte sich am besten möglichst zeitig Gedanken darüber machen, wie man behandelt werden möchte, wenn man sich selbst nicht mehr äußern kann. Das hat mehrere Vorteile: Wenn man es einmal gedanklich durchgespielt hat, weiß man selbst, woran man ist. Besonders, wenn das Thema noch nicht drängend ist, kann man mit kühlem Kopf Entscheidungen treffen, die einen selbst betreffen. Außerdem weiß man dieses Thema erst einmal vom Tisch, was einen selbst auch wieder entlastet.
Zum anderen befreit man die nächsten Angehörigen, die sonst diese Entscheidungen in der Regel treffen müssen, wenn man sie nicht im Vorwege schon getroffen hat. Viele nahe Verwandte sind in solch einem Fall zusätzlich zur Sorge um den lieben Menschen noch einmal belastet. Zum dritten werden bei eventuellen medizinisch notwendigen Behandlungen die Ärzte entlastet.

„Wenn man sich darüber Gedanken macht, sollte man vier Begriffe kennen“, sagt Rechtsanwalt Andres vom Ende. „Das sind die Vorsorgevollmacht, die Patientenverfügung, die Betreuungsverfügung und die gesetzliche Betreuung.“ Diese vier Begriffe werden auf den nächsten Seiten vorgestellt, es wird darauf eingegangen, was zu beachten ist und welche Formen gewahrt werden müssen.

Vorsorgevollmacht

Anderen das Vertrauen aussprechen

Es ist ein großer Vertrauensbeweis, wenn man sein Schicksal in die Hände anderer Menschen legt. Deswegen sollte es gut überlegt sein, wenn man eine Vorsorgevollmacht ausstellt. Mit dieser Vollmacht können andere im eigenen Namen Entscheidungen treffen, wenn man selbst nicht mehr dazu in der Lage ist. Formulare helfen dabei weiter, die wichtigsten Punkte zu bedenken. Solche Formulare gibt es zum Beispiel beim Bundesjustizministerium.

Mit der Vorsorgevollmacht gibt man vereinfacht gesagt einem anderen Menschen die Autorisierung, im eigenen Namen zu sprechen und zu handeln. Alles, was dieser Mensch dann tut, gilt genauso, als ob man es selber getan hätte.
Diese Vollmacht ist prinzipiell an keine Form gebunden. Eigentlich reicht ein kurzes formloses Schreiben. Da diese Vollmacht demjenigen, der sie in Händen hat, aber einen sehr weitreichenden Eingriff ins eigene Leben ermöglicht, rät Rechtsanwalt vom Ende, sich vorher ausführlich beraten zu lassen und das Schreiben auch umfangreicher zu gestalten. Sonst werden verschiedene Bereiche zu unbestimmt geregelt.

Musterformulare

Rechtsanwalt vom Ende empfiehlt, sich vom Bundesjustizministerium das passende Formular zu besorgen. Es ist über Suchmaschinen im Internet unter dem Schlagwort „Vorsorgevollmacht BMJV“ zu finden. Das hat zwar keine größere Rechtskraft, aber auf seinen vier Seiten sind verschiedene Punkte aufgelistet, die man mit der anderen Person besprechen und anschließend jeweils mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten kann. Man kann auch Teile aus der Vollmacht ausnehmen.
Die Vollmacht kann man selbst aufbewahren oder dem Bevollmächtigten schon im Vorwege aushändigen. Wichtig ist hier noch einmal der Hinweis, dass diese Vollmacht ab Unterzeichnung gilt – man muss dem anderen also schon vertrauen.

Vorsorgeregister

Die Bundesnotarkammer hat ein Register eingerichtet, in dem Vorsorgevollmachten hinterlegt werden. Nach eigenen Angaben sind dort rund drei Millionen Vorsorgeurkunden hinterlegt worden. Im Fall der Fälle wird vom Betreuungsgericht standardmäßig bei diesem Register angefragt, ob dort eine Vorsorgevollmacht hinterlegt wurde. Es ist im Internet unter vorsorgeregister.de erreichbar.

Bankgeschäfte

Auch wenn die Vorsorgevollmacht alle Bereiche abdeckt, gibt es doch spezielle Regeln beim Bankverkehr. Hier empfiehlt der Rechtsanwalt, parallel zur Vorsorgevollmacht direkt beim Kreditinstitut eine Bankvollmacht zu hinterlegen. Das kann Zweifeln vorbeugen. Auch hier ist ein Beratungsgespräch mit den Kundenbetreuern wichtig.

Widerruf

Die Vorsorgevollmacht sollte gut überlegt und nicht übereilt abgeschlossen werden und jemanden betreffen, dem man vertraut. Nun ändern sich auch die Beziehungen zueinander. Sollte man die Meinung ändern, kann man ohne weiteres die eigene Vollmacht widerrufen. Das kann zum Beispiel durch eine einfache schriftliche Erklärung geschehen.

Patientenverfügung

Der eigene Einfluss auf die medizinische Behandlung

Kaum ein medizinisches Thema wurde in den vergangenen Jahren so kontrovers diskutiert wie die Patientenverfügung. Von Befürwortern wird angeführt, dass man hier Einfluss auf zukünftige Behandlungen nehmen kann. Kritiker bemängeln, dass das oft nicht konkret genug geschieht.

Bei der Vorsorgevollmacht, die auf der vergangenen Seite Thema war, überträgt man anderen Menschen die Macht, im eigenen Namen zu sprechen. Bei der Patientenverfügung ist es anders: Hier gibt man selbst Anweisungen, wie die eigene Behandlung zu erfolgen hat. Durch die Diskussion der vergangenen Jahre hat sie sogar im §1901 a Eingang ins Bürgerliche Gesetzbuch gefunden.

Der Vorteil ist auch in diesem Fall, dass die Angehörigen, die – zudem bei einer plötzlichen schweren Erkrankung – häufig genug Sorgen um den lieben Menschen haben, keine derartigen Entscheidungen treffen müssen. Man hat sie ja schon vorher selbst getroffen. Die Ärzte sind angehalten, den mutmaßlichen Willen des Betroffenen selbst zu ermitteln.

Die Patientenverfügung bindet den Betreuer oder Bevollmächtigten,
wenn es um eventuelle Behandlungsschritte geht. Sie beraten sich mit den Ärzten.

Die Patientenverfügung bindet allerdings nicht die Ärzte, sondern den Vorsorgebevollmächtigen oder den gesetzlichen Vertreter. Diese müssen dann an Hand dieser Verfügung gemeinsam mit dem Arzt die weitere Behandlung besprechen, wie es der Betroffene selber tun würde, wenn er dazu in der Lage wäre. Und hier kommt auch ein großer Kritikpunkt bei der Patientenverfügung ins Spiel.

Oft sind diese Verfügungen zu unkonkret abgefasst. Sie sollte in der Regel auf tatsächliche Behandlungsformen abzielen und die eigene Absicht dazu kundtun. Da Patientenverfügungen aber oft lange im Voraus abgefasst werden, müssten viele verschiedene Krankheiten und deren schwere Verläufe betrachtet werden. Das ist aber schon durch die Vielzahl der Möglichkeiten sehr schwer. Deswegen werden die entsprechenden Verfügungen oft nur mit allgemeinen Wünschen beispielsweise der Ablehnung von lebensverlängernden Maßnahmen verfasst.

Rechtsanwalt Andres vom Ende empfiehlt hier ein sehr eingehendes Gespräch mit einem Arzt. Besonders, wenn tatsächlich eine Krankheit im Raume steht und entsprechende Behandlungsformen konkret benennbar sind. Hier können möglichst gut ausformulierte Patientenverfügungen auch sinnvoll und für Betreuer oder Angehörige auch entlastend sein, da sie den Willen deutlich machen. Er empfiehlt Broschüren des Justizministeriums zum Betreuungsrecht, die auch Textbausteine zur Verfügung stellen.

Viel wichtiger als etwas Schriftliches ist für Andres vom Ende das Gespräch mit den eigenen Bezugspersonen: „Wenn man hier die eigenen Wünsche benennt, ist eine Patientenverfügung fast schon wieder unnötig.“

Betreuungsverfügung

Wer soll mein rechtlicher Betreuer werden?

Wenn jemandem eine Vorsorgevollmacht ausgestellt wird, kann derjenige unter Umständen schon vorher tätig werden. Das kann zu Konflikten führen. Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist die Betreuungsverfügung. Sie tritt erst dann in Kraft, wenn sie wirklich erforderlich wird.

Mit der Betreuungsverfügung bestimmt man, wer im Falle einer rechtlichen Betreuung mit dieser Aufgabe betraut werden soll. Im Gegensatz zur schon vorher erwähnten Vorsorgevollmacht müssen hier nicht beide Seiten unterschreiben, sondern der Betroffene erklärt, dass bei der entsprechenden Notwendigkeit eine bestimmte Person zum rechtlichen Betreuer ernannt werden soll. Da das Betreuungsgericht von diesem Willen Kenntnis haben muss, bevor es sich entsprechend entscheiden kann, ist es sinnvoll, diese Verfügung an einem passenden Ort zu hinterlegen. Angaben zur Betreuungsverfügung kann man zum Beispiel im bereits erwähnten Vorsorgeregister unter vorsorgeregister.de machen.

Der Nachteil bei dieser Art der Vorsorge ist allerdings, dass hier erst ein Gericht über die Betreuung entscheiden muss. Die Vorsorgevollmacht dagegen gilt ab der Unterschrift der beiden Beteiligten. Auch hier rät Rechtsanwalt vom Ende dazu, sich gründlich beraten zu lassen, um das Für und Wider abzuwägen. Diese Beratung kann man nicht nur bei Rechtsanwälten erhalten, auch Betreuungsvereine und die kommunalen Betreuungsstellen helfen hier weiter.

Rechtliche Betreuung

Wenn jemand bei der Wahrnehmung der Rechte hilft

Viele verwechseln rechtliche Betreuer mit Vormündern im alten Stil. Aber hier hat es eine grundlegende Änderung im Betreuungsrecht gegeben: Der Betreuer übt nicht das Recht für jemanden aus, der entmündigt ist, er hilft ihm vielmehr dabei, seine Rechte selbst auszuüben.

In den wenigsten Fällen sind rechtliche Betreuungen umfassend, erklärt Rechtsanwalt Andres vom Ende. Anders als die Entmündigungen, die es bis Anfang der 90er-Jahre gab, wird hier den Betroffenen jemand zur Seite gestellt, der bei bestimmten Defiziten hilft, die eigenen Rechte wahrzunehmen. Rechtsanwalt vom Ende vergleicht es plakativ mit jemandem, der keine Arme hat. Der kann zwar Verhandlungen selber führen, aber keine Unterschrift leisten. Nur für diesen Schritt würde dann ein Betreuer notwendig werden.

Das Betreuungsrecht ist in diesem Fall sehr differenziert. Sollte eine Vorsorgevollmacht bestehen, ist der rechtliche Betreuer für all das verantwortlich, was eben nicht dem Bevollmächtigten übertragen wurde. Über den rechtlichen Betreuer entscheidet das Betreuungsgericht. Der Betroffene kann selbst beantragen, dass ihm jemand zur Seite gestellt wird. Bei körperlich behinderten Menschen ist ein eigener Antrag sogar zwingend notwendig. In anderen Fällen kann das Gericht auch ohne Antrag von Amts wegen tätig werden, wenn sie zum Beispiel von Angehörigen oder Ämtern entsprechende Anregungen erhalten.

Andres vom Ende

Der Rechtsanwalt arbeitet in der Kanzlei VEVH Rechstanwälte in Partnerschaft Dr. von Holdt und vom Ende. Ein besonderer Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt dabei auf dem Betreuungs- und Unterbringungsrecht.

 

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