Senior Experten Service
Hilfe zur Selbsthilfe

Wenn die Generation der Babyboomer langsam in den Ruhestand geht, droht Motivation und Erfahrung verloren zu gehen. Der SES kombiniert die Bereitschaft zum Ehrenamt bei dieser Gruppe mit aktiver Entwicklungshilfe. Eine Situtation mit vielen Gewinnern.

 

Gewinner Nummer eins sind die Menschen, die vor Ort von der Hilfe profitieren. Meistens betreiben die kleine und mittelständische Unternehmen in strukturschwachen Gegenden der Welt. Die Experten kommen aus Deutschland – aber die Organisation arbeitet weltweit, vermittelt sie passgenau. Sie bringen ihre fachliche Qualifikation mit, können aber auch aus einer reichen Lebenserfahrung schöpfen. In der Regel begreifen sich die Experten aber nicht als Exporteure der Zivilisation, sondern haben genug kulturelles Wissen, um tatsächlich als Dienstleister für das Unternehmen vor Ort zu arbeiten.

Gewinner Nummer zwei sind diejenigen, die von den unterstützten Unternehmen abhängen – Angestellte, Arbeiter, deren Angehörige, aber oft genug auch Bewohner der Region. Viele Unternehmen unterstützen ihrerseits Initiativen vor Ort, zahlen Steuern und sorgen für die Verbesserung der Infrastruktur. Auch hier können die Senior-Experten mit ihrem häufig breit aufgestellten Wissen über ökonomische Zusammenhänge und Netzwerke von Nutzen sein. Und – ganz profan – wenn es den unterstützten Unternehmen besser geht, dann geht es der Umgebung in der Regel auch besser.

Der Senior Experten Service übernimmt dabei mehrere Aufgaben: Er vermittelt die Experten, die ihre Erfahrungsbereiche angeben, an die richtigen Empfänger, sorgt für die notwendigen gesundheitlichen Vorbereitungen wie Impfungen und Versicherungen und zahlt die Reise hin und zurück. Die Experten erhalten an dem Ort, an dem sie für die Zeit tätig sind, Kost und Logis von denen, denen sie ihre Hilfe anbietet. Zudem gibt es noch ein Taschengeld. Insgesamt sind das für alle Beteiligten überschaubare Kosten.

Gewinner Nummer drei bei dieser Art des Ehrenamts sind aber meistens auch die Experten selbst. Sie erfahren in einem Alter, in dem ihnen zu Hause nicht mehr so viel zugemutet wird, eine Bestätigung ihrer eigenen Kenntnisse. Sie fühlen sich, so kann man es aus vielen Äußerungen hören, gebraucht und freuen sich, eine fordernde Aufgabe zu haben. Außerdem ist ein Aufenthalt über längere Zeit in einem fremden Kulturkreis – in der Regel sind sie rund einen Monat unterwegs – in den häufigsten Fällen eine enorme Bereicherung für das eigene Leben. Viele Experten berichten von einer befriedigenden und nützlichen Zeit in ihrem Leben. Sie hätten viel auch über ihr eigenes Leben gelernt und würden, wieder zu Hause, viele Dinge klarer sehen.

Der SES hat neben dem Sitz in Bonn bundesweit Büros. Besonders gesucht sind derzeit Fachleute aus dem Handwerk und den Bereichen Ausbildung, Elektrotechnik, Kunststoff, Maschinenbau, Medizin, Nahrungsmittel, regenerative Energien und Textil.

 

Lothar Tubessing 

Gastronom

 

Für Lothar Tubbesing ging es ein Vierteljahr nach Ostafrika. Tansania ist eins der ärmsten Länder Afrikas und der größte Arbeitgeber dort ist die Tourismusindustrie. „Aber 1,4 Millionen Touristen jährlich – so viel wie das ganze Land hat auch allein Lübeck.“ Und diese Touristen wollen hauptsächlich die „Big Five“ sehen: Große Wildtiere wie Elefanten oder Nashörner. Da bleibt nicht viel übrig für den Kulturtourismus, dem sich das Unternehmen in Tengeru, einem kleinen Ort am Fuße des Kilimandscharo verschrieben hat. Und hier setzte die Aufgabe des Hoteliers und Gastronomen aus Lübeck an. Er wollte sich zwar zunächst zurücknehmen und beobachten, wurde aber doch schneller als erwartet eingebunden: Qualitätsmanagement, ein Marketingkonzept, Öffentlichkeitsarbeit – und das in einer Gegend, die an kein Netz angeschlossen ist, weder Kommunikation, noch Strom noch Abwasser. Aber nicht nur in der Lodge hat sich durch seinen Aufenthalt etwas geändert: Inzwischen nimmt er nichts mehr als selbstverständlich hin, meckert weniger, ist aber empfindlicher bei Ungerechtigkeit geworden.

Besonders beeindruckt hat ihn die Person der Lodgeinhaberin: Mama Gladness verwendet die Überschüsse aus dem Unternehmen selbstverständlich, um soziale Projekte zu unterstützen. Witwen bekommen Nähmaschinen, um Kleinstunternehmen aufzubauen, ein Waisenhaus wird unterstützt. „Mama spendet Lebensmittel, baut Schulen und pflanzt Bäume“, berichtet Tubbesing. Im August ist er wieder in Tansania, um die Arbeit zu begleiten.

 

 

Wolfgang Rössger

Konditor

 

Meine inzwischen vier SES-Einsätze gingen nach Kasachstan. Ich war dort in einer Konditorei, die im Familienbesitz ist. Die Chefin macht die Torten und ist überall, wo Not am Mann ist, der Ehemann bedient die drei Gas-Backöfen. Die Tochter und zwei weitere Mitarbeiter sind für die Kuchen und Kekse zuständig, es läuft alles sehr harmonisch ab. Als ich dort war, war Ramadan , da ist es schwer sich daran zu halten,von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts zu essen, wenn man täglich bis zwölf Stunden arbeitet.

Ich hatte eine junge Studentin als Dolmetscherin an der Seite. Sie sprach englisch, chinesisch und türkisch neben russisch und kasachisch – und übersetzt mir auch gleich meine entwickelten Rezepte ins russische. Ich hatte meine eigenen Produkte vor- und hergestellt, alle sind am Schwärmen, weil sie vorher Marzipan nicht kannten und genießen die Produkte.

Als einmal das Regionalfernsehen bei uns war und hörte, dass ein Gast aus Deutschland da ist, wurde ich prompt interviewt. Plötzlich stand eine Frau neben mir, hörte das und sprach mich auf deutsch an, sie sei Deutschlehrerin gewesen und ist nun Bürgermeisterin in dem Vorort mit seinen 40 000 Einwohnern.

Was mich bei den Einsätzen in Kasachstan beeindruckt, ist die Gastfreundschaft, mit der ich hier empfangen werde. Die Menschen waren sehr aufgeschlossen und freundlich – und meine Arbeit wurde sehr geschätzt. Ich bin richtig begeistert und kann jedem nur empfehlen, so eine Erfahrung selbst einmal zu machen.

 

 

Photo Credits: Fotos: SES, privat

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