Alte Muster auf modernem Stoff
Handwerkskunst auf neuen Wegen

 

Bei Blaudruck denkt man vielleicht an Trachtenvereine oder die Tischdecken bei Oma. Und dann kommt die Blaudruckerei Koch in Neustadt und zeigt, dass mit traditionellem Handwerk und alten Mustern moderne Textilien erschaffen werden können. Klaus Koch-Süzen, Siebdrucker und Innenarchitekt, hat die über 200-jährige Blaudruckerei, Färberei und Reinigung J.H.Koch in Neustadt behutsam modernisiert. Und er hat Pläne für eine Kunsthandwerkerszene in der Stadt an der Lübecker Bucht.

 

Seit 1803 gibt es den Betrieb in Neustadt, seit über 100 Jahren in dem jetzigen Gebäude. Vor knapp 10 Jahren übernahm Koch-Süzen die Firma. „Der Textildruck war zu der Zeit ein ‚nice to have‘, hauptsächlich war es hier eine Färberei und Reinigung.“ Dass in Neustadt überhaupt noch Textilien bedruckt wurden, ist nicht selbstverständlich: „Im Zuge der Industrialisierung sind die meisten Textildruckereien wie unsere verschwunden.“

Bis zum Beginn der Neuzeit wurden in Europa in der Regel unbehandelt getragen, eventuell gefärbt. Beim Blaudruck dagegen werden die Stoffe zuerst bedruckt und dann gefärbt. An der Stelle, die bedruckt wurde, nimmt der Stoff keine Farbe an und bleibt weiß. Mit der Kolonisation kam das Wissen über die Technik aus Südostasien hierher: „Alle wollten dann diese Stoffe haben. So entstand die Tradition hierzulande.“ Die Druckstöcke, die Model, wurden ursprünglich aus Holz geschnitzt, später wurden Messingmuster in Linden- oder Birnenholz geschlagen.

„Wir haben hier etwa 600 Modeln, ohne die können wir nicht arbeiten“, sagt Koch-Süzen. Die meisten Model sind 180 bis 300 Jahre alt – „In Deutschland gibt es vielleicht drei Leute, die so etwas herstellen können.“ Und mit diesen alten Mustern versucht er, Übersetzungen in die Moderne zu finden. Er experimentiert gemeinsam mit seinem Angestellten Alexander Vandrich mit Schablonen oder Mehrfachdrucken.

„Wir fertigen heute hauptsächlich Kleider, Tischwäsche und Gardinenstoffe. Ich trage zum Beispiel gern Westen. Da gibt’s viele, die so etwas toll finden. Wir haben einen großen und einmaligen Bestand an Druckstöcken, die wir mit unserem Verständnis für Gestaltung an die Trends in der Innenraumgestaltung anlehnen können. Als Innenarchitekt kann ich unseren Kunden auch in diesem Aspekt beratend zur Seite stehen. Ein Stück von uns kostet leicht einen dreistelligen Betrag, da überlegt die Hausfrau zweimal, ob so etwas ein Festessen unbeschadet übersteht.“ Nicht zuletzt deswegen experimentiert er mit schmutzabweisenden Beschichtungen.

„Wenn uns unsere Kunden auf Messen sehen, haben sie oft ein Aha-Erlebnis: Das ist ja wirklich handgemacht“, beschreibt er seine Arbeit.

 

Unser Fundus an alten Mustern, dazu Schablonen und mehrere Farben – daraus kann man unendliche Kombinationen erzeugen. Wir schaffen moderne Interpretationen alten Handwerks.

Klaus Koch-Süzen

 

Die erfordert Akribie und Geduld. Ein falscher Handgriff und die Arbeit von mehreren Stunden ist dahin. „Da es sich bei unseren Textilien um Unikate handelt, die individuell gestaltet und per Hand gedruckt werden, erklärt dieser Aufwand auch den Preis.“

Sein Plan für die nächsten Jahre: In Zukunft wird in der neuen Werkstatt die Anzahl der Drucktische auf drei erweitert. Am Standort wird der „Färberhof“ entstehen, ein Gebäudeareal, der Ateliers und Werkstätten verschiedener Gewerke zusammenführen wird.

 

Photo Credit: ppe

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