Neulich am Tresen

Es ist wieder einer dieser Sonntagabende. Das Fernsehen bietet Politik und Grippe. Also ziehe ich die Jacke an und mache mich auf den Weg Richtung Obertrave. Leider ist hier schon fast alles dicht. Ich laufe weiter und lande in einer Lübecker Kultkneipe. Ich freue mich über die Gemütlichkeit, die gute Stimmung und ein frisch Gezapftes.

Neben mir sitzt ein älterer Herr, so Mitte 70, bei einem Glas Rotwein. Wir kommen ins Gespräch und er verrät mir seinen Namen – Fritz. Er kennt sie alle, lokale Größen aus Wirtschaft und Politik, trotzdem fühle er sich einsam. Dies sei seine erste Unternehmung seit langer Zeit. Seine Frau verstarb im letzten Herbst. Nun wolle er aber wieder unter Menschen.

Mir fällt auf, dass er sich im Laufe des Gespräches zunehmend wohler fühlt und eine vorsichtige Fröhlichkeit entwickelt. Wir sind uns einig, so eine Kneipe ist wie ein Mikrokosmos, in dem Menschen anders zusammen finden, als mit gestylten Profilen im Internet oder per Kommunikation mit dem Smartphone.

Die Kneipen haben es sehr schwer heute. Immer neue Vorschriften, Steuergesetze und Personalprobleme. Ein Wirt braucht nun mal auch Gäste. Aber die Menschen sind bequemer geworden und kommunizieren vom Sofa aus.

Fritz macht sich Sorgen um die Kneipenkultur seiner Heimatstadt. Ein paar Studenten von auswärts haben sich mit an unseren Tisch gesetzt und tragen allerlei Interessantes bei. So ein toller kommunikativer Abend. Wir beschließen, uns bald wieder hier zu treffen und sind uns einig…

… Lübeck pass auf deine alten Kneipen auf!

 

photo credits: Dima Kolomijcev

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